GEW Köln: „Pflichtfach Praktische Philosophie“

Der Kölner Stadtverband der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hatte zum Gewerkschaftstag 2016 der GEW NRW einen Antrag gestellt. der „gemeinsame Werteerziehung aller Schülerinnen und Schülern, als Pflichtfach für alle in allen Jahrgangsstufen in NRW an Stelle des Religionsunterrichts“ forderte.

Der Antrag hatte dem Gewerkschaftstag 2016 vorgelegen, war aber mangels Zeit nicht beraten worden. Nachfolgend wird die Fassung dokumentiert wie vom Landesvorstand beschlossen. Das Beratungsergebnis ist auf der Website der GEW NRW nicht zu finden. Der im Antrag geforderte Diskussionsprozess muss offenbar noch begonnen werden.


Antrag zum GEW-Gewerkschaftstag 2016

Betreff: Pflichtfach Praktische Philosophie – Antragsteller: StV Köln

Die beschlossene Fassung:

Die GEW NRW setzt sich dafür ein, das Fach Praktische Philosophie mit dem Ziel einer gemeinsamen Werteerziehung aller Schülerinnen und Schüler als Pflichtfach für alle einzurichten.

Der Landesvorstand wird beauftragt, dazu einen innergewerkschaftlichen Diskussionsprozess zu organisieren. er soll die Erfahrungen unserer Kolleg*innen mit dem Fach Praktische Philosophie, aber auch derer mit Religionsunterricht sowie der Mitglieder des Ausschusses Migration, Diversity, Antidiskriminierung und des Referats Bildungspolitik berücksichtigen.

Zur Begründung wurde ausgeführt:

In der Schule sollen Werte durch vernünftige Argumentation (= Philosophieren), Vergleich von Lebenserwartungen und Lebensmodellen (inkl. Religionen und Weltanschauungen), Auswertung geschichtlicher Denkleistungen (inkl. Philosophiegeschichte) und mit den Menschenrechten als reflektiertem Maßstab vermittelt werden.

Nach Art 7. Abs. 3 GG ist unsere Forderung derzeit nicht zu verwirklichen; aber der Einsatz für eine hochqualifizierte Aus- und Weiterbildung der Philosophie- bzw. Ethik-Lehrkräfte und die Gleichstellung des Fachs mit den anderen Schulfächern in allen Bundesländern ist bereits jetzt unsere Aufgabe.

Dafür müssen wir die nötigen Ressourcen für die Lehrer*innenbildung und den Unterricht einfordern. Dazu gehören auch die Ermittlung des personellen Bedarfs und die Vorbereitung guter Unterrichtsmaterialien für alle Jahrgangsstufen.

Im Unterschied zum Religionsunterricht in verschiedenen Bekenntnisgruppen bietet der Unterricht in Praktischer Philosophie als Pflichtunterricht für alle pädagogische und inhaltliche Chancen des gemeinsamen Lernens und der produktiven Auseinandersetzung.

Die Aufgaben und Ziele dieses Unterrichts sind bereits im Curricularen Rahmenkonzept vom Juni 1997 formuliert:

„Bezugspunkt für die pädagogische Ausrichtung des Faches Praktische Philosophie ist der gesamtgesellschaftliche Wertekonsens, der in der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen, im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und in den Menschenrechten verankert ist. Entsprechend den Grundsätzen des Art. 7 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfallen, wie sie auch in das Schulordnungsgesetz (§1 Abs.2 SchOG) eingeflossen sind, soll die Jugend im Geiste der Menschlichkeit erzogen werden. Dies bedeutet u.a. Erziehung zu demokratischem, freiheitlichem und tolerantem Handeln, zu sozialer Verantwortung für die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen, zur Friedensgesinnung und damit letztlich zur Respektierung und Verwirklichung von Menschenwürde und Menschenrechten. Diese Werte bestimmen die Richtlinien und Lebenspläne für den Unterricht in allen Fächern, und bilden auch die Grundlage für das Fach Praktische Philosophie.

Unsere Gesellschaft ist gekennzeichnet durch vielschichtige Spannungsverhältnisse und eine Pluralisierung der Lebensformen, der sozialen Beziehungen und der Wertevorstellungen sowie durch das Zusammenleben von Menschen verschiedenen Ethnien und Kulturen mit unterschiedlichen religiösen Vorstellungen und Weltanschauungen. Das wachsende Informationsangebot macht die Vielschichtigkeit deutlich und kann zur Verschärfung der Spannungen beitragen. Unübersichtlichkeiten in der Berufs- und Freizeitwelt erschweren die Besinnung auf zentrale Lebenswerte und eine Auseinandersetzung hierüber. Damit ist zugleich die Orientierung in unserer Gesellschaft für [Kinder und] Jugendliche wie für Erwachsene schwieriger geworden. Daraus erwächst für die Schule die Aufgabe, die Schülerinnen und Schüler zu befähigen, neue und konsistente Orientierungen und Werthaltungen zu entwickeln, durch Reflexion Urteilskraft zu entwickeln, Übersichtlichkeit zu schaffen und das friedliche Zusammenleben in einer pluralen Gesellschaft einzuüben.

Das Fach Praktische Philosophie trägt zu einer zusammenhängenden Behandlung von Sinn- und Wertfragen bei. Während dies im Religionsunterricht auf der Grundlage eines Bekenntnisses geschieht, übernimmt das Fach Praktische Philosophie diese Aufgabe in mehrperspektivischer Form, im Sinne einer sittlich-moralischen Orientierung ohne Bindung an eine bestimmte Religion oder Weltanschauung.“

hier der ursprüngliche Antrag als PDF

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